UNESCO Weltkulturerbe in Ravenna
Einzigartige Mosaiken
Römer, Ostgoten, Langobarden – die Zeit der Völkerwanderung ist in kaum einer anderen italienischen Ortschaft so greifbar wie in Ravenna. Die Stadt in der Emilia-Romagna ist weltbekannt für ihre Mosaike. Seit 1996 zählen acht Gebäude, die untrennbar mit dieser seit dem Altertum bekannten Maltechnik verbunden sind, zum Weltkulturerbe der UNESCO. Dabei handelt es sich um:na
- Basilica di Sant’Apollinare in Classe
- Mausoleo di Galla Placida
- Basilica di San Vitale
- Basilica di Sant’Apollinare Nuovo
- Battisterio Neoniano
- Capella Sant’Andrea e Museo Arcivescoville
- Battisterio degli Ariani
- Mausoleo di Teodorico
Fünf dieser Monumente – Basilica di San Vitale, Mausoleo di Galla Placida, Battisterio Neoniane, Basilica di Sant’Apollinare Nuovo und Capella e Museo Arcivescoville – können mit dem Kombiticket Biglietto di ingresso cumultativo bestaunt werden. Die Tickets können online oder mit ein wenig Wartezeit vor Ort gekauft werden.
Zensur und Bilderstreit
Im Gegensatz zu vielen anderen Mosaiken und Kunstwerken dieser Zeit haben die Mosaiken in Ravenna den byzantinischen Bilderstreit nahezu unbeschadet überstanden. Dennoch machte die Zensur auch vor ihnen nicht Halt. Theoderich, wie auch fast alle anderen Mitglieder der verschiedenen germanischen Stämme, gehörte dem als Häresie angesehenen Arianismus an. Unter dem byzantinischen Herrscher Justinian II. wurden Theoderichs Bildnisse korrigiert oder eliminiert. Darunter fällt beispielsweise ein Mosaik rechts vom Altar in der Basilica di Sant’Apollinare Nuovo, aus dem der Ostgotenkönig samt Gefolge getilgt wurde.
Basilica di Sant’Apollinare in Classe
Eindrucksvoller byzantinischer Kunstbau
Im 5 km entfernten Vorort Classe, südlich von Ravenna, erhebt sich die mächtige Basilica di Sant’Apollinare. Die Grabeskirche des Heiligen Apollinaris, der Schutzpatron Ravennas, wurde zwischen 533 und 549 erbaut, und im 10. Jahrhundert um den hohen, zylindrischen Glockenturm (Campanile) erweitert.
Faszinierendes Interieur
Der faszinierende Innenraum ist – bedingt durch ein schweres Erdbeben im 8. Jahrhundert und Plünderungen – nicht in Originalform erhalten geblieben. So gingen weite Teile des Mosaikfußbodens verloren. Ebenso wurde die gesamte Marmorvertäfelung entfernt und durch Bildnisse einiger Ravennater Bischöfe ersetzt. Die verbliebenen Mosaike des Triumphbogens und der Apsis beeindrucken mit ihrer überwältigenden Pracht, die sich vom spätantiken Naturalismus löst und dem abstrakten Symbolismus der byzantinischen Kunst widmet. Sie zeigen Christus- und Opfermotive, die aus dem 6. und 7. Jahrhundert stammen.
Mausoleo di Galla Placidia
Die wohl ältesten Mosaike der Stadt
Auf der Rasenfläche hinter der Basilica San Vitale befindet sich das Grabmal für Kaiserin Galla Placidia, die sich dieses ab 425 nach Übernahme der Regierungsgeschäfte für ihren minderjährigen Sohn Valentin III. erbauen ließ. Begraben wurde sie allerdings in Rom. Jene drei Marmorsarkophage, in denen Galla Placidia, ihr zweiter Ehemann Konstantin III. und ihr Sohn Valentin III. ihre letzte Ruhe gefunden haben sollen, wurden erst zwischen dem 9. und 14. Jahrhundert in das Mausoleum überstellt.
Spätantike Mosaike auf blaugrünem Grund
Die zum UNESCO-Weltkulturerbe zählenden Mosaike sind die vielleicht ältesten Ravennas. Ihr blaugrüner Grund überzieht Gewölbe und Innenwand. Die Sarkophage rasten unter einem mit Sternen verzierten Mosaik-Nachthimmel in der Kuppel. Seitlich darunter befinden sich Apostel-Darstellungen. Hirsche zieren die Seitenschiffe, während sich über dem Eingang ein Mosaik eines „Guten Hirten“ inmitten seiner Schafe befindet.
Basilica di San Vitale
Ravennas üppiger Paradebau
Einer der vielleicht schönsten und unbestritten populärsten Bauten Ravennas ist die Basilica di San Vitale nordwestlich der Piazza del Popolo, Teil des Komplexes des ehemaligen Benediktinerklosters San Vitale. Die Bauarbeiten begannen bereits 526 unter Theoderich, wurden aber erst rund 20 Jahre später unter Kaiser Justinian fertiggestellt. Geweiht ist die Basilika dem Heiligen Vitalis, ein römischer Soldat, der während der Christenverfolgung unter Nero in Ravenna umkam.
Faszinierendes Interieur
Als Teil des UNESCO-Weltkulturerbes ist der achteckige Bau für seine Mosaiken weltbekannt. Einst war das komplette Innere der Basilika damit ausgestattet, heute sind davon noch ein Fußboden sowie die Mosaike in der Apsis und im Presbyterium erhalten. Besonders berühmt sind die Mosaike rechts und links des Altars in der Apsis, die das Kaiserpaar Justinian und Theodora, umgeben von ihrem Hofstaat, in all ihrem Prunk und Grandeur zeigen. Nicht minder eindrucksvoll ist der bartlose Christus auf der Weltkugel in der Apsisnische, der gemeinsam mit zwei Engeln Bischof Ecclesius und den Heiligen Vitalis begleitet. Im Presbyterium sind zahlreiche alttestamentarische sowie Eucharistie-Szenen abgebildet.
Basilica di Sant’Apollinare Nuovo
Theoderichs mosaikenreiche Hauskirche
Zu Beginn des 6. Jahrhunderts ließ Theoderich eine Basilika direkt vor seiner Haustür zum Anlass des Triumphs über Odoaker errichten. Ihren heutigen Namen erhielt die Basilica di Sant’Apollinare Nuovo allerdings erst im 9. Jahrhundert, als die Reliquien des ersten Bischofs von Ravenna aus Furcht vor Überfällen aus dem neun Kilometer entfernten Classe landeinwärts verlegt wurden. Aus dieser Zeit stammt auch der mittelalterliche Campanile. In den folgenden Jahrhunderten wurde die Basilika um einen Renaissance-Portikus erweitert. Langhaus und Querschiffe sind von je zwölf Säulen aus griechischem Marmor gestützt. Weltberühmt wurde die Basilika aber für seine Mosaiken, aufgrund derer das Gebäude von der UNESCO zum Weltkulturerbe erhoben wurde.
Getilgte Mosaiken Nicht alle der prächtigen Mosaiken sind in ihrer ursprünglichen Form erhalten geblieben. Einige der als heidnisch angesehenen Darstellungen wurden in den folgenden Jahrhunderten getilgt. So ließ Bischof Agnellus die Prozession Theoderichs mit Würdenträgern durch christliche Figuren ersetzen. Theoderichs Palast wurde hingegen zum Geisterhaus verwandelt, Figuren durch Vorhänge ersetzt. Sieht man genauer hin, entdeckt man noch einzelne Hände oder Arme.
Battistero Neoniano
Orthodoxe Taufkapelle
Die Taufkapelle der Orthodoxen entstand in der Amtszeit von Erzbischof Neon Mitte des 5. Jahrhunderts. Dieser ließ das Baptisterium mit Stuck, Marmor und großflächigen Mosaiken, die heute Teil des UNESCO-Weltkulturerbes sind, ausstatten. Im Gegensatz zum ähnlich angelegten Battistero degli Ariani wurden die Mosaike hier auf kobaltblauem Hintergrund gelegt. In der Kuppel sind Darstellungen der zwölf Apostel zu sehen, die um die Taufe Jesu im Jordan gruppiert sind.
Capella Sant’Andrea e Museo Arcivescoville
Museum mit Gebetsraum
Das Museo Arcivescoville ist im barocken Bischofspalast Duomo Sant’Orso untergebracht. Neben Sarkophagen, Stoffen und Skulpturen aus dem 5. und 6. Jahrhundert ist hier als besonderes Highlight der Elfenbeinthron Massimianos ausgestellt, auf dem der ehemalige Bischof von Ravenna von 546 und 556 Platz genommen hatte. Theoderichs privater Gebetsraum, die Capella Sant’Andrea, ist in die Ausstellung integriert. Erbaut von Erzbischof Petrus II. Anfang des 6. Jahrhunderts, ist die Kapelle mit prächtigen Mosaiken des kämpferischen, triumphierenden Christentums ausgestattet.
Quelle: Online Reiseführer